Cash-Pooling kann den Beschränkungen der Unterkapitalisierung unterliegen
Konzernunternehmen, welche sich eines Cash-Pooling zwecks optimaler Steuerung ihrer Liquidität bedienen, konnten sich bis heute in Polen sicher sein, untermauert durch entsprechende Steuerbescheide der Finanzbehörden, dass die im Rahmen dieser Optimierung der Finanzmittel durch die kreditnehmenden Gruppenunternehmen gezahlten Fremdkapitalzinsen nicht der sogenannten dünnen Kapitalisierung im Rahmen der Gesellschafterfinanzierung unterlagen. Die Finanzämter teilten damit die Meinung der Steuerzahler, dass ein Cash-Pooling-Vertrag in keiner Weise als Kredit oder Darlehen zu sehen ist. Hieran schloss sich unmittelbar an, dass die im Rahmen eines solchen Vertrages gezahlten Darlehens-/Kreditzinsen vollumfänglich steuerlich ohne jedwede Limitierung als Betriebsausgaben anerkannt und damit absetzbar waren, da ihm die wesentlichen Eigenschaften einer Darlehens-/Kreditvereinbarung fehlten.
Die Beurteilung dieses Sachverhaltes durch die Finanzämter unterlag allerdings unlängst einer Revision, was sich in den aktuellsten Urteilen der Leiter einzelner regionaler polnischer Steuerkammern niederschlägt.
Analog der neuen Interpretation der vorab genannten Entscheidungsträger besteht die reale Möglichkeit, dass Richtlinien zur Gesellschafterfremdfinanzierung (Art. 16 I Nr. 60 und 61 des Gesetzes über die Körperschaftsteuer in Polen) auch eine entsprechende Anwendung auf Cash-Pooling-Verträge finden. Der polnische Fiskus lässt sich hierbei von der Ansicht leiten, dass vertragliche, dauerhafte Regelungen zum Finanzmittelausgleich innerhalb eines Konzernes einem Darlehenscharakter nach Art. 16 VII b des Gesetzes über die Körperschaftssteuer in Polen gleichkommen, weil wir es mit Bereitstellung von Geldmitteln sowie einer entsprechenden Verpflichtung zu deren Rückzahlung zu tun haben. Darüber hinaus, und dieses scheint ein wichtiges Kriterium zu sein, wird ja auch ein Entgelt in Form von Zinsen durch die an diesem Finanzausgleich teilnehmenden Gruppenunternehmen entrichtet.
Welche Auswirkungen hat diese Vorgehensweise für Sie in der Realität?
Die jüngste Rechtsprechung stellt die bisherige Praxis der Finanzbehörden in Polen eindeutig in Frage, wonach die Gewährung von Finanzmitteln unter einer Cash-Pooling-Vereinbarung nicht als Darlehen nach Art. 16 VII b des Gesetzes über die Körperschaftssteuer in Polen gilt.
Dieses kann Unannehmlichkeiten für solche Unternehmen nach sich ziehen, die sich in der Vergangenheit keinen interessewahrenden, das heißt positiven, Steuerbescheid besorgt haben. Denn die um sich greifende Anwendung der Allgemeinverbindlichkeit der neuen Vorgehensweise durch den polnischen Fiskus, und das bereits während eines standardisierten Steuerverfahrens, könnte zu einer Neufestsetzung der Steuerbemessungsgrundlage innerhalb der in diesem Cash-Pool eingebunden Unternehmen führen, und, im Anschluss daran, zur Feststellung und Festsetzung von Körperschaftsteuernachzahlungen.
Die Nachzahlungen resultieren dabei aus den Zinsen, die seitens von in diesem Cash-Pool teilnehmenden Unternehmen gezahlt wurden, und bisher steuerlich vollumfänglich abziehbar waren, aber künftig unter die Beschränkungen (und damit die geltenden Freibeträge) zur dünnen Kapitalausstattung fallen.
Die neue Sichtweise des polnischen Fiskus hinsichtlich der dünnen Kapitalausstattung kann auch auf andere Gebiete im Steuerrecht und deren Praxisbezug erhebliche Auswirkungen haben, die wir nachfolgend beispielhaft aufzählen, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Letztendlich wird die Praxis zeigen, welchen Bereichen die Finanzbehörden in Polen in der Zukunft ihr Hauptaugenmerk widmen.
Wir könnten uns folgende Bereiche vorstellen, denen der polnische Fiskus künftig verstärkt sein Interesse schenken könnte:
- die Pflicht, eine Transferpreisdokumentation für alle am Finanzmittelausgleich teilnehmenden Gruppenunternehmen im Sinne von Artikel 9 a Gesetzes über die Körperschaftssteuer in Polen vorzuhalten (nach unserem Wissen sind die ersten negativen Steuerbescheide in dieser Hinsicht bereits verfasst worden);
- die Pflicht zur Zahlung der Stempelsteuer auf alle Beträge im Rahmen des Finanzmittelausgleichs in dem gleichen Umfang, wie sie auch schon bereits seit Jahrzehnten in Polen mit Blick auf standardisierte Gesellschafterdarlehen gelten.