Anwendung des Forschungs- und Entwicklungsfreibetrags (F&E) in einem Beratungsunternehmen
In einem Urteil vom 7. März 2024, Aktenzeichen II FSK 753/21, hat sich das Oberste Verwaltungsgericht (NSA) mit der Frage der Anwendung des Forschungs- und Entwicklungsfreibetrags in einem Beratungsunternehmen befasst. Dieses Urteil ist wichtig für Unternehmen, die in dieser Branche tätig sind und von diesem Steuervorteil profitieren.
Die Situation des Steuerpflichtigen
In seinem Antrag auf individuelle Auslegung beschrieb der Steuerpflichtige seine Einzelunternehmertätigkeit, die Beratungsleistungen in den Bereichen funktionale Sicherheit, Zuverlässigkeit des Automobilsektors, Automatisierung und künstliche Intelligenz sowie Vermessungstätigkeiten umfasste. Im Jahr 2019 beschäftigte er Mitarbeiter mit verschiedenen Verträgen und arbeitete mit Unternehmern zusammen, wofür er entsprechende Kosten, einschließlich der Gehälter, aufwandte.
Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen umfasste die Nutzung aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten, einschließlich IT-Tools, zur Gestaltung und Entwicklung neuer, verbesserter oder veränderter Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Alle Projekte wurden für die Entwicklungsabteilungen anderer Unternehmen durchgeführt, die neue Produkte entwerfen, gestalten oder entwickeln.
In seinem Antrag gab der Steuerpflichtige an, dass er alle Vergütungselemente für Angestellte und Auftraggeber mit Ausnahme der Vermessungstätigkeit, die auf der Basis eines Auftrags durchgeführt wurden, den Kosten für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zuordnete. Die mit Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten verbundenen Reisekosten umfassten Flüge, Unterkunft und andere damit verbundene Ausgaben, wobei die Verpflegung gemäß den gesetzlich festgelegten Sätzen festgelegt wurde.
Folgende Fragen wurden im Antrag gestellt:
- Kann die Tätigkeit des Antragstellers aus dem Jahr 2019 als Forschungs- und Entwicklungstätigkeit betrachtet werden, mit Ausnahme der Vermessungstätigkeiten?
- Sind die Lohnkosten für Mitarbeiter aus einem Arbeitsvertrag und einem Werkvertrag gemäß § 26e des Einkommensteuergesetzes qualifizierte Kosten?
- Sind alle Reisekosten gemäß § 26e Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes qualifizierte Kosten?
- Erfüllt die geführte Buchführung die Voraussetzungen gemäß § 24a Absatz 1b des Einkommensteuergesetzes?
Der Steuerpflichtige argumentierte, dass seine gesamte Tätigkeit – mit Ausnahme der Vermessungstätigkeiten – Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten seien. Darüber hinaus war er der Ansicht, dass die Lohnkosten für Mitarbeiter vollständig qualifizierte Kosten sind und dass alle Reisekosten die Kriterien für qualifizierte Kosten erfüllen. Der Steuerpflichtige machte auch geltend, dass seine Buchführung die Voraussetzungen gemäß § 24a Absatz 1b des Einkommensteuergesetzes erfüllt.
Interpretation des Direktors der Nationalen Steuerinformationsbehörde
Die Auslegungsbehörde hat festgestellt, dass einige Aktivitäten des Steuerpflichtigen, wie die Entwicklung neuer innovativer Produkte oder die innovative Verbesserung bestehender Produkte, unter die Definition von Forschung und Entwicklung fallen. Tätigkeiten wie die Entwicklung neuer Anwendungen für Produkte, Audits, Zertifizierungen, Veröffentlichungen wissenschaftlicher Artikel, technische Überwachung, Erstellung von Analysen und Konzepten, Präsentationen auf Symposien sowie die Durchführung von Workshops erfüllen hingegen nicht die Kriterien für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten.
Wenn eine Person, die Aufgaben auf der Grundlage eines Auftrags oder eines Werkvertrags ausführt, sich nicht nur an Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten beteiligt, sollten der Teil des Entgelts und der Leistungen, die dem Mitarbeiter für seine Beteiligung an Forschung und Entwicklung gezahlt werden, getrennt und entsprechende Beiträge gemäß den Sozialversicherungsvorschriften herausgefiltert werden.
Die Auslegungsbehörde erklärte, dass die Arbeitszeit, die für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten aufgewendet wird, sich auf die tatsächlich für die Durchführung dieser Aufgaben aufgewendete Zeit bezieht. Daher sind Beträge für Gehälter und Beiträge, die anteilig für die Abwesenheitszeiten des Mitarbeiters abgeführt werden, wie Urlaubsgeld, Krankengeld, freie Tage zur Kinderbetreuung oder andere Formen der Freistellung von der Arbeit, nicht abzugsfähig.
Aufwendungen für Verpflegung und sonstige mit Dienstreisen verbundene Kosten werden teilweise als qualifizierte Kosten anerkannt, wenn sie im Zusammenhang mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben von Mitarbeitern und Personen, die auf der Grundlage eines Auftrags beschäftigt sind, verbunden sind und im Namen dieser Personen anfallen.
Der Steuerpflichtige hat die individuelle Entscheidung des Direktors der Nationalen Steuerinformationsbehörde vom 2. Juli 2020 unter der Nummer 0114-KDWP.4011.5.2020.2.LZ angefochten.
Urteil des Landesverwaltungsgerichts
In seinem Urteil vom 15. Dezember 2020 hat das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Warschau einen Teil der angefochtenen individuellen Auslegung für nichtig erklärt, der sich fälschlicherweise auf die Entwicklung neuer Anwendungen und die Arbeitszeit bezog.
Das Gericht bestätigte, dass Tätigkeiten wie die Kundenzertifizierung, die Veröffentlichung und Präsentation von Arbeitsergebnissen oder die Erstellung technischer Berichte keine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sind, sondern Bestandteile einer Beratungstätigkeit. Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Entwicklung neuer Anwendungen für bestehende Produkte oder neuer technischer Lösungen, sofern sie innovativ sind, als Entwicklungsarbeiten angesehen werden kann, da sie zu neuen Verfahren führen kann.
Was die Kosten betrifft, so hat der Steuerpflichtige die Kosten für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten fälschlicherweise getrennt, da er davon ausging, dass sie ebenso abzugrenzen seien, wenn die Vermessungskosten. Die vorgelegte Aufzeichnung bezog sich nicht auf Kosten, die nicht der Anzahl der gearbeiteten Stunden für eine Aufgabe entsprechen müssen, und im tatsächlichen Sachverhalt hat der Steuerpflichtige nicht angegeben, dass für die Mitarbeiter feste Sätze gelten, die sich nicht nach Art der durchgeführten Aufgaben differenziert werden.
Das Gericht gab dem Steuerpflichtigen Recht und wies darauf hin, dass die Gesamtarbeitszeit eines Arbeitsnehmers in einem bestimmten Monat keine Urlaubszeit, keine Arbeitsunfähigkeit, keine freien Tage für die Kinderbetreuung oder andere Arten von Arbeitsbefreiungen berücksichtigen darf.
Gegen das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts haben sowohl der Direktor der Nationalen Steuerinformationsbehörde als auch der Steuerpflichtige Berufung eingelegt.
Das Oberste Verwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils umfassend überprüft.
Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts
Das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau hat sich dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts angeschlossen. Nach Ansicht des NSA hat das Gericht in erster Instanz eine korrekte Analyse der Gesetzesbestimmungen vorgenommen, die den Begriff der Forschungs- und Entwicklungsarbeit definieren, und die Kriterien, die diese Tätigkeit bestimmen, festgelegt.
Nach Ansicht des Gerichts gelten Tätigkeiten, die mit der Übermittlung von Arbeitsergebnissen verbunden sind und eine Form der kreativen Tätigkeit darstellen, nicht als Entwicklungsarbeit. Wenn der Steuerpflichtige andere Tätigkeiten ausführt, die nicht im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung stehen, müssen sie separat in der Aufzeichnung aufgeführt werden.
Bei der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers, die für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in einem bestimmten Monat aufgewendet wird, dürfen Urlaubszeiten, Krankheitszeiten, Tage für die Kinderbetreuung oder andere Formen von Arbeitsfreistellungen nicht proportional berücksichtigt werden.
Bei der Ermittlung der “Gesamtarbeitszeit” ist der Anteil zu ermitteln, bei dem im Zähler die Zeit für kreative Tätigkeiten und im Nenner die Gesamtarbeitszeit enthalten ist. Der Begriff der Gesamtarbeitszeit berücksichtigt in diesem Zusammenhang die Fehlzeiten des Arbeitnehmers nicht und bleibt konstant.
Beide Revisionen wurden abgewiesen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Steuerpflichtige, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung absetzen, ihre Zeiterfassungs- und Buchhaltungssysteme sorgfältig überprüfen sollten, um sicherzustellen, dass sie ihre Ausgaben ordnungsgemäß verfolgen und zuordnen.
Es ist zu beachten, dass eine individuelle Auslegung der Steuervorschriften nur dann rechtliche Auswirkungen hat, wenn der tatsächliche Sachverhalt des interpretierten Falls mit dem vom Steuerpflichtigen im Antrag auf Auslegung angegebenen Sachverhalt übereinstimmt. Bei Änderung eines Elements im Antrag wird die gegebene Antwort ungültig. Das Verfahren zur Erteilung individueller Auslegungen unterliegt nicht den Regeln des Steuer- oder Prüfungsverfahrens. Die Behörde stützt sich ausschließlich auf die im Antrag enthaltenen Informationen, ohne ein Beweisverfahren durchzuführen. Die Feststellung der tatsächlichen Sachlage liegt im Zuständigkeitsbereich eines möglichen Steuerverfahrens oder einer Steuerprüfung.
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