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Abschreibungen bei Immobiliengesellschaften – wie sind die Urteile des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) vom Januar und April 2025 zu verstehen?

Abschreibungen bei Immobiliengesellschaften – wie sind die Urteile des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) vom Januar und April 2025 zu verstehen?

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Datum07 May 2025
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Zwei unterschiedliche Urteile des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts (Naczelny Sąd Administracyjny, NSA) – vom Januar und April 2025 – interpretieren Art. 15 Abs. 6 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes (CIT) auf völlig unterschiedliche Weise. Die ersten legen Immobiliengesellschaften eine Obergrenze auf, die auf „hypothetischen“ Abschreibungen basiert, die zweiten erkennen an, dass die Obergrenze einfach nicht gilt, wenn keine bilanziellen Abschreibungen vorliegen. Der vorliegende Text ordnet beide Ansätze, zeigt die Konsequenzen für die CIT-Abrechnungen 2022-2024 auf und gibt Tipps, wie man sein Unternehmen auf einen möglichen Rechtsstreit mit dem Finanzamt vorbereiten kann.


Hintergrund des Streits und Standpunkt der Steuerbehörden

Mit dem Inkrafttreten des polnischen „Polski Ład“ (Polnische Ordnung) am 1. Januar 2022 wurde Art. 15 Abs. 6 in das CIT-Gesetz aufgenommen, der die steuerlichen Abschreibungen von Immobiliengesellschaften auf das Niveau der „gemäß den Rechnungslegungsvorschriften vorgenommenen“ Bilanzabschreibungen begrenzt. Die Steuerbehörden haben bisher argumentiert, dass, wenn ein Unternehmen – unter Anwendung der Internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS), insbesondere des IAS 40 für als Finanzinvestition gehaltene Immobilien oder der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – keine bilanzielle Abschreibungen vornimmt, die Obergrenze bei 0 PLN liegt.


Urteile des NSA vom 28. Januar 2025 – Konzept der „hypothetischen Abschreibungen“

Aktenzeichen: II FSK 788/23, 789/23, 987/23, 1086/23, 1652/23

Das Gericht hat die wörtliche Auslegung der Steuerbehörde nicht akzeptiert, aber auch die These der Steuerzahler über die vollständige Freiheit zurückgewiesen. Es stellte fest, dass:

  • Art. 15 Abs. 6 gilt auch dann, wenn tatsächlich keine bilanziellen Abschreibungen vorgenommen werden.
  • Die Gesellschaft muss eine hypothetische Abschreibung berechnen – so, als würde sie nach dem Kostenmodell buchen (Satz aus Anhang 1 zum polnischen Rechnungslegungsgesetz × Anschaffungskosten).
  • Der Betrag dieser fiktiven Abschreibung wird zur Obergrenze der Steuerkosten.

Die Urteile vom Januar führten also das Modell „berechnen und vergleichen“ ein – steuerlich abzugsfähig ist eine Abschreibung, aber nur bis zur Höhe der virtuellen (hypothetischen) Buchabschreibung.


Urteil des NSA vom 3. April 2025 (II FSK 756/23) – vollständige Abkehr von der Begrenzung

In einem Rechtsstreit, in dem eine Gesellschaft bereits vor 2022 mit der steuerlichen Abschreibung begonnen hatte und ihre Immobilien zum beizulegenden Zeitwert bewertet, entschied das NSA, dass Art. 15 Abs. 6 überhaupt nicht anwendbar ist, wenn keine bilanzielle Abschreibung vorgenommen wird – denn „es gibt nichts zu begrenzen“. Es wurde auch betont, dass es keine Übergangsbestimmungen gibt, die das Recht auf eine laufende Abschreibung entziehen.


Woher kommt diese Diskrepanz?

Die Spruchkörper im Januar suchten einen Kompromiss, um den Sinn der einschränkenden Bestimmung zu wahren, während das Gremium im April sich für den Wortlaut entschied: Eine Begrenzung kann nur erfolgen, wenn es eine bilanzielle Abschreibung gibt, auf die Bezug genommen werden kann. Solange keine einheitliche Linie erkennbar ist, müssen Steuerpflichtige künftige Urteile genau beobachten und sich – bis zu einem Beschluss oder einer Novellierung – auf zwei konkurrierende Auslegungen vorbereiten.


Praktische Konsequenzen für Immobiliengesellschaften

  1. Wenn bilanzielle Abschreibungen erfolgen:
  2. Es gilt eine 1:1-Begrenzung – die steuerliche Abschreibung darf die Höhe der bilanziellen Abschreibung nicht überschreiten.

  3. Wenn keine bilanziellen Abschreibungen erfolgen:
  4. Mögliche Vorgehensweisen:

    • Ansatz vom Januar: Anwendung der hypothetischen Abschreibung
    • Ansatz vom April: Die Begrenzung gilt nicht

Die Wahl der Auslegung beeinflusst die Höhe der steuerlichen Kosten und das Risiko eines Rechtsstreits.


Empfohlene Maßnahmen

  • Inventarisierung von Immobilien, die zum beizulegenden Zeitwert/IAS 40 bewertet werden
  • Simulation hypothetischer Abschreibungen für die Zwecke der Januar-Variante
  • Prüfung der Verjährung sowie Analyse der Vorteile möglicher CIT-Korrekturen für 2022–2024
  • Dokumentation der steuerlichen Position – Erläuterung der gewählten Methodik und Berechnung
  • Beobachtung des Standpunktes des Finanzministeriums – bisher liegt keine offizielle Reaktion auf die Urteile vor

Die Urteile des Obersten Verwaltungsgerichts vom Januar haben den Weg für die Verrechnung von Abschreibungen in Immobiliengesellschaften durch eine „hypothetische“ Obergrenze geebnet, während das Urteil vom April eine noch günstigere These aufstellt, dass bei fehlender bilanzieller Abschreibung die Obergrenze überhaupt nicht gilt. Die Unsicherheit über die künftige Ausrichtung der Rechtsprechung sowie das Fehlen einer Stellungnahme der Finanzverwaltung erfordern eine vorsichtige Herangehensweise: parallele Berechnungen vorbereiten, Argumentation stärken und Korrekturen erst nach einer Analyse des Streitrisikos und der Verjährungsfrist für die Steuer in Betracht ziehen.

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