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Die neuen EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, des sogenannte Quick Fixes Paket, wurde am 1. Juli 2020 in Polen eingeführt

Die neuen EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, des sogenannte Quick Fixes Paket, wurde am 1. Juli 2020 in Polen eingeführt

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Datum30 Jun 2020
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Die mehrwertsteuerliche Behandlung von Reihengeschäfte hat bisher aufgrund des Mangels an harmonisierten Vorschriften auf EU-Ebene viele Zweifel und Inkonsistenzen verursacht. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind in diesem Zusammenhang Änderungen der EU-Ratsrichtlinie 2006/112 im Rahmen des sogenannten Quick Fixes Pakets inkraftgetreten, welche die Abwicklung von Reihengeschäfte in der EU vereinheitlichen. Polen führt diese Änderungen mit einer 6-monatigen Verzögerung auf der Grundlage des seit dem 1. Juli geänderten Mehrwertsteuergesetzes ein.

Das Ende Juni dieses Jahres veröffentlichte Gesetz führt Änderungen u.a. des Körperschaftssteuergesetzes, des Mehrwertsteuergesetzes, des Gesetzes über den Austausch von Steuerinformationen mit anderen Ländern und anderer Gesetze ein.

Zusammen mit diesem Gesetz wird ein Paket von Änderungen umgesetzt, die sich aus der EU-Richtlinie 2018/1910 ergeben, die sogenannten Quick Fixes, welche die Mehrwertsteuer betreffen.

Die neuen Regelungen sind seit dem 1. Juli 2020 in Kraft.

Im Folgenden präsentieren wir Ihnen die wichtigsten Informationen dazu.

Reihengeschäfte

Wenn an der Reihe (A-B-C) 3 Steuerpflichtige beteiligt sind und Steuerpflichtiger A die Waren an Steuerpflichtigen B (einen Vermittler) verkauft, Steuerpflichtiger B die Waren weiter an Steuerpflichtigen C verkauft, die Waren direkt von A nach C geschickt wird und der Transport von Unternehmen B organisiert wurde, dann ist die allgemeine Regel anzunehmen, dass es die Transaktion A – B „mobil“ ist und in dem Land, von dem aus die Waren verschickt wurde, einem Mehrwertsteuersatz von 0% unterliegt.

Der Steuerzahler B, der als Vermittler auftritt, kann diese Regel ändern. Eine weitere Lösung wird eingeführt, wenn der Vermittler (B) seinem Lieferanten (A) die Identifikationsnummer für innergemeinschaftliche Transaktionen übergibt, die von dem Land vergeben wird, aus dem die Waren versandt oder transportiert wurde. In diesem Fall wird die innergemeinschaftliche Lieferung dem Verkauf zwischen dem Vermittler und dem späteren Käufer zugerechnet (im obigen Beispiel wäre die innergemeinschaftliche Lieferung, eine Lieferung zwischen der zweiten und dritten Partei).

Der Schlüssel zur Bestimmung der MwSt.-Folgen von Reihengeschäften gemäß den neuen Regeln ist daher die Identifizierung des Zwischenhändlers (B), der durch die Angabe einer spezifischen MwSt.-EU-Nummer in der Praxis entscheidet, wie die Umsätze in der Reihe zu besteuern sind.

Es lohnt sich, die bestehenden Geschäftsvereinbarungen und Bedingungen für die Lieferung von Gütern mit Auftragnehmern aus der EU zu überarbeiten, so dass die in den neuen Vorschriften festgelegten Auswirkungen der Mehrwertsteuer für die an der Transaktion beteiligten Parteien optimal sind. Ein praktisches Problem kann z.B. entstehen, wenn ein Vermittler (B) beschließt, seine Nummer, die ihm im Land der Warenlieferung zugeteilt wurde, nach Ausstellung der Rechnung und Begleichung der Transaktion mitzuteilen, was zu einem Steuerrückstand beim Lieferanten führen würde, der zu Recht den 0%-Mehrwertsteuersatz auf die Lieferung an ihn angewandt hat. Es ist daher sehr wichtig, im Voraus zu bestimmen, welche Nummer der als Vermittler auftretende Käufer verwenden wird, und diese Nummer von ihm zu erhalten.

Diese Änderungen gelten nur für den EU-Binnenhandel. Reihengeschäfte, die Importe und Exporte umfassen, werden nach den bestehenden Regeln (mit allen damit verbundenen Bedenken) verbucht.

Konsignationslager („call-off-stock“)

Aus der Sicht der Mehrwertsteuer haben wir es mit einem „Abruflager“ zu tun, wenn:

  • Waren in ein anderen Mitgliedstaat transportiert werden, der Verkäufer (X) genau weiß, wer der Käufer (Y) ist (kennt seine Identität und seinen Steuerstatus),
  • die transportierten Waren gehen zunächst in ein Konsignationslager, welches sich im Mitgliedstaat der Warenlieferung befindet, und von dort aus werden sie zu einem geeigneten Zeitpunkt (d.h. wenn sie für den weiteren Weiterverkauf, die Produktion, die Erbringung der Dienstleistung benötigt werden) vom Käufer abgeholt (Y).

Die neuen Bestimmungen des MwSt.-Gesetzes, die die Einhaltung der Richtlinie gewährleisten sollen, haben die Merkmale eines Konsignationslagers, welches als „Abruflager“ bezeichnet wird, leicht modifiziert und vereinfacht. Die wichtigsten Unterschiede, die sich aus den neuen Bestimmungen ergeben, sind:

  • Entität X muss nicht mehr die Bedingung erfüllen, sich in dem Land, in dem das Konsignationslager geführt wird, zur Mehrwertsteuer registrieren zu lassen. Entität X kann in diesem Land registriert sein und darf dort nicht nur ihren Sitz oder ständigen Geschäftssitz haben,
  • das „Abruflager“ muss nicht mehr ausschließlich von der Entität Y betrieben werden, sondern kann auch von einem Dritten betrieben werden,
  • Entität Y muss den Finanzamt nicht mehr vor dem ersten Eingang von X in das Lager über ihre Absicht, ein Konsignationslager zu betreiben, informieren, aber nach den neuen Regeln muss sie eine solche Mitteilung innerhalb von 14 Tagen nach dem ersten Eingang von Waren in das Lager machen,
  • Entität Y kann während des Abruflagerverfahrens durch eine andere Entität ersetzt werden, dies hat keinen Einfluss auf den Verlust der Vereinfachung, der sich aus dem Verfahren ergibt,
  • Entität X, Entität Y und möglicherweise eine dritte Partei, die das Lager betreibt, müssen detaillierte Aufzeichnungen über die Waren führen, die in der Durchführungsverordnung (EU) 282/2011 des EU-Rates definiert sind,
  • Entität X wird eine neue Verpflichtung in Form der Notwendigkeit haben, die MwSt.-EU-Zusammenfassung im Versandland zum Zeitpunkt der Warenübergabe mit der MwSt.-Nummer des künftigen Käufers der Waren vorzulegen.
  • Die maximale Lagerungsdauer von Waren im Lager ohne Steuerpflicht beträgt 12 Monate, was eine Verschlechterung der Situation ist, da sie bisher 24 Monate betrug,
  • Ablauf der maximalen Lagerzeit, Verlust oder Zerstörung der Waren erfordert, dass der innergemeinschaftlichen Erwerb für die Bewegung eigener Waren durch Einheit X nachzuweisen ist,
  • Wenn innerhalb von 12 Monaten keine Übertragung der Eigentumsrechte an der Ware erfolgt ist und die Ware in den Mitgliedstaat zurückgesandt wurden, von dem aus sie ursprünglich versandt worden waren, und die Rücksendung von Ware X registriert wurde, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb der Gegenstände als nicht erfolgt.

Analyse der Änderungen:

Das sind die Vorteile der neuen Reglungen für Unternehmer:

  • Das Konsignationslager kann von einer dritten Partei betrieben werden , was den Kreis der Unternehmen, die von diesen Regelungen profitieren können, erheblich erweitern dürfte.
  • Die Möglichkeit, den Empfänger zu ersetzen. Wenn z.B. ein polnischer Steuerzahler Fertigwaren an ein Lager in Deutschland liefert und der deutsche Kontrahenten diese nicht kauft, ist es unter bestimmten Bedingungen möglich, diesen Kontrahenten durch eine andere zu ersetzen, eine solche Änderung wird die Parteien dieser Transaktion nicht um die Vorteile bringen, die sich aus dem Abruflagerverfahren ergeben.
  • Die Möglichkeit der Wiederausfuhr von Waren. Wenn es dem polnischen Steuerzahler nicht gelingt, die Waren zu verkaufen, kann er die Waren nach Polen transportieren und muss keine zusätzliche Steuerlast tragen, da die Transaktion steuerneutral ist.

Die Nachteile für Unternehmer sind:

  • die Verkürzung der Zeit, in der Güter vor der Lieferung gelagert werden können, von 24 auf 12 Monate.
  • Die Notwendigkeit, den innergemeinschaftlichen Erwerb bei Verlust oder Zerstörung der Waren nachzuweisen, der oft durch Faktoren verursacht wird, die unabhängig von den Beteiligten der Transaktion sind. Besondere Probleme können sich für die Lebensmittelindustrie ergeben, die mit verderblichen Waren handelt.

Schließlich ist noch zu erwähnen, dass neben den oben genannten Änderungen auch eine Änderung des Steuerstrafgesetzbuches vorgenommen wurde, mit der ein neuer Straftatbestand eingeführt wird, nämlich die nicht oder nicht rechtzeitig erfolgte Meldung an das Finanzamtes über den Betrieb eines Lagers im Rahmen des „Abrufverfahrens“. Die Person, die für eine solche Unterlassung verantwortlich ist, wird wegen fiskalischer Vergehen mit einer Geldstrafe belegt.

0%-Satz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Gemäß dem veröffentlichten Gesetz – um den 0%-Satz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen anwenden zu können – ist es notwendig, dass der Käufer der Waren eine gültige MwSt.-Identifikationsnummer angibt, sowie dass der Lieferant eine korrekte EU- MwSt.-Deklaration einreicht.

Wenn die oben genannten Bedingungen nicht erfüllt sind, darf der 0%-Satz erst dann angewendet werden, wenn der Steuerzahler diesen Mangel dem Finanzamtes schriftlich gemeldet hat.

An dieser Stelle möchten wir Sie daran erinnern, dass die Richtlinie in den EU-Ländern bis zum 1. Januar 2020 umgesetzt werden sollten. Polen hat diese Frist nicht eingehalten, wesehalb das Finanzministerium Ende 2019 eine Mitteilung verfasst hat. Der Steuerzahler konnte wählen – und einheitlich in allen Aspekten, die mit der MwSt.-Abrechnung einer bestimmten Transaktion zusammenhängen, anwenden – ob er ab dem 1. Januar 2020 die Bestimmungen der neuen Richtlinie oder die bestehenden Bestimmungen des polnischen MwSt.-Gesetzes anwenden möchte.

Ab dem 1. Juli 2020 ist der Steuerzahler verpflichtet, nur noch die neuen Bestimmungen des Mehrwertsteuergesetzes anzuwenden.


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